Im Ev.-luth. Kirchenkreis Göttingen lebt jedes siebte Kind in Armut. Kinderarmut führt zu sozialer Ausgrenzung, schlechter Gesundheit und Bildungsdefiziten. Um betroffene Kinder, die in eine Kita des Kirchenkreises gehen, am gesellschaftlichen, kulturellen und kirchlichen Leben teilhaben zu lassen, wurde 2009 der KinderHilfsFonds (KHF) gegründet. Er unterstützt dort, wo Kinder sonst nicht partizipieren können, wie Ausflüge, Bekleidung und Schulmaterialien. Außerdem hilft er in akuten Krisen und Notlagen.
Anja Schweitzer, Kirchenkreissozialarbeiterin in der Außensprechstunde des PETRI HAUS im Göttinger Stadtteil Grone erlebt dort hautnah, welche Ausgaben das Haushaltsbudget der Familie gerade belasten und welche Auswirkungen das auf die Kinder hat. „Wenn durch den finanziell engen Spielraum der Familie die Teilnahme des Kindes an Freizeitaktivitäten nicht möglich ist oder nach einer Trennung der Eltern Möbelstücke für das neue Kinderzimmer fehlen, können wir mit Geld aus dem KinderHilfsFonds für eine konkrete Entlastung sorgen. Außerdem zeigen wir den Familien mit dem Fonds, dass wir ihre finanzielle Not sehen und ernst nehmen. Wir sprechen mit den Eltern auch oft darüber, dass wir eine einheitliche Kindergrundsicherung (Forderung der Diakonie Deutschland) für dringend erforderlich halten, um Kinderarmut zu verhindern.“
Die Leiterin des PETRI HAUS, Marion Lüter, erinnert sich an eine Situation im vergangenen Jahr, wo sie Eltern mit drei Kindern helfen konnten: „Die Familie war aus beruflichen Gründen des Vaters nach Deutschland gekommen, ihr Aufenthalt war daran geknüpft, dass Ihnen keine staatlichen Gelder zur Verfügung standen. Die Mutter konnte noch nicht wieder arbeiten gehen, da das jüngste Kind erst sechs Monate alt war und die älteste kam in die Schule. Die Erstausstattung für die Schule besteht aus einem Schulranzen, Stiften, Turnsachen und Bücher. Alles zusammen gerechnet liegt man zwischen 300 und 500 Euro (die Hälfte davon ist nur der aktuelle Schulranzen-Preis). Dieser Familie haben wir angeboten aus dem KHF die Schulbücher, -hefte und -mappen zu finanzieren und konnten sie somit enorm entlasten.“
Die Leitungen der Kitas informieren ihr Team regelmäßig über den KHF, erklärt Lüter. Alleine mit dem Wissen darum sei es aber nicht getan. „Die Fachkräfte in den Kitas, die die meisten Gespräche mit den Familien führen, müssen sensibel sein für finanzielle Unterstützungsbedarfe. Die wenigsten Familien kommen zu uns und sagen ´Ich habe finanzielle Probleme oder ich kann mir das nicht leisten.´ Finanzen sind immer mit Scham verbunden.“
„Die Mitarbeitenden in den Kitas sind sehr nah dran an den Kindern und Familien und können daher Bedürfnisse und Notlagen gut erkennen“, bestätigt auch Ute Lehmann-Grigoleit, pädagogische Leiterin des Ev.-luth. Kindertagesstättenverbands Göttingen West und Nord-Süd. „Mit dem KHF ist eine niedrigschwellige Möglichkeit für Familien entstanden, unkompliziert einen kleinen Geldbetrag für z.B. Hausschuhe oder einen Theaterbesuch zu bekommen. In diesem Rahmen Kinder unbürokratisch unterstützen zu können, war uns bei der Gründung des KHF ein wichtiges Anliegen.“
Finanziert wird der KinderHilfsFonds durch den Kirchenkreis und seine Gemeinden. Außerdem wird er durch Spenden unterstützt.
Herr Schridde, Pastor von St. Johannis stellt fest:
Als Kirchengemeinde der Innenstadt sind wir oft ein erster Anlaufpunkt für Menschen, die um Hilfe bitten. Dabei steht die Gemeinde nicht allein und kann wichtige „Orientierungshilfen“ geben, weil unser Kirchenkreis über viele Hilfsmöglichkeiten durch den Diakonieverband verfügt. Dafür sind wir dankbar und verstehen z.B. die konkrete Unterstützung von Kindern und Familien durch den Kinderhilfsfonds als einen Teil unseres eigenen gemeindlich-diakonischen Handelns. Diese Kooperation von Gemeinde und Diakonie ist uns wichtig, denn sie schafft professionelle Hilfe durch „Wort und Tat“.
Christina Wehrmann, Mitglied der Steuerungsgruppe des Kinderhilfsfonds und Kirchenkreissozialarbeiterin, nimmt die Spende erfreut entgegen. Mit diesem Engagement von St. Johannis bestätigt die Kirchengemeinde die Arbeit des Kinderhilfsfonds, schafft eine Öffentlichkeit für Armut und ermutigt auch andere Gemeinden die diakonischen Projekte im Kirchenkreis zu unterstützen. Das ist über den Geldwert hinaus ein wichtiges Zeichen.
Gunda-Marie Meyer hat sich aus der aktiven Mitarbeit im Kinderhilfsfonds verabschiedet. Sie hat den Kinderhilfsfonds 2009 mitgegründet und über 13 Jahre begleitet, hat Spender*innen gesucht und den Kinderhilfsfonds im Kreis der Steuerungsgruppe weiterentwickelt, ihm ein eigenes Profil gegeben. Sie hat für dieses Projekt auf Kita- und Kirchenkreisebene intensiv geworben.
Heute können viele Kinder und Familien von Frau Meyers herausragender Arbeit für den Kinderhilfsfonds profitieren, ein Projekt, welches in Göttingen auf die Bedeutung der Teilhabe von Kindern aufmerksam macht. Dafür danken wir sehr!
Der Kinderfreizeitbonus wurde im Rahmen des Aktionsprogramms der Bundesregierung „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ als weitere finanzielle Hilfe für bedürftige Familien beschlossen.
Die Einmalzahlung in Höhe von 100 Euro sollen minderjährige Kinder und Jugendliche aus bedürftigen Familien und Familien mit kleinen Einkommen erhalten, um insbesondere Angebote zur Ferien- und Freizeitgestaltung wahrnehmen und Versäumtes nachholen zu können. Die Einmalzahlung wird nicht auf andere Sozialleistungen angerechnet.
Er wird in der Regel automatisch ab August 2021 ausgezahlt, wenn die Familien Kinderzuschlag (KiZ), Leistungen nach dem SGB II, AsylbLG oder dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) erhalten.
Nur Familien, die ausschließlich Wohngeld oder Hilfen zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe nach dem SGBXII) erhalten und nicht gleichzeitig Kinderzuschlag beziehen, müssen einen formlosen Antrag auf den Kinderfreizeitbonus stellen.
Der formlose Antrag kann über die Homepage der Familienkasse ausgedruckt werden
Der Inner Wheel Club Göttingen hat 1.000 Euro für den KinderHilfsFonds des Ev.-luth. Kirchenkreises Göttingen gespendet. Am 3. Dezember hat Susanne Simon vom IWC Göttingen den Scheck an Kirchenkreissozialarbeiterin Christina Wehrmann vom Diakonieverband Göttingen übergeben.
Das Geld könne sie für die Familien gerade jetzt, in Zeiten von Corona, sehr gut gebrauchen, erklärt Kirchenkreissozialarbeiterin Christina Wehrmann. „Wir sind ein Beratungsort für Familien, die von Armut betroffen sind. Kurzarbeit und damit verbundene finanzielle Engpässe, vermehrtes Homeschooling mit dem Anspruch, Geräte dazu vorzuhalten, Sorge um Familienangehörige und ähnliches setzen diese Familien unter einen besonderen Druck. In der Kirchenkreissozialarbeit des Diakonieverbandes Göttingen können Familien mit ihren Kindern neben dem Gespräch durch die Spende auch eine finanzielle Unterstützung erfahren. Der Inner Wheel Club Göttingen beweist mit dem großzügig bemessenen Scheck Herzblut für ein wichtiges Anliegen: Kinder in besonderen Zeiten fest in den Blick zu nehmen.“